Wer schon einmal ein Polarlicht (oder aber auch: Nordlicht) gesehen hat, weiß natürlich über die Faszination des Himmelsphänomens Bescheid – allen anderen sei vorweg mitgeteilt, dass dieser kurze Text nicht einmal ansatzweise der Beschreibung der Gefühle gerecht werden kann, die mich bei meiner ersten Nordlichtsichtung beschlichen.

Es fällt mir auch schwer zu beschreiben, was daran so besonders ist. Ich kann nur sagen, dass es das Schönste ist, was ich an Naturschauspiel bislang erleben durfte – und es machte mich süchtig nach mehr. Viele Dinge, die man erlebt hat, speichert man und „hakt“ sie geistig als erledigt ab. Polarlichter sind für mich anders. Zugegeben, ich lebe in Österreich, wo dieses Naturschauspiel nun einmal nicht auftritt, doch ich habe mich mit einigen Isländern unterhalten, die trotz ihres Wohnortes nie genug von Nordlichtern bekommen können. Andere Inselbewohner nehmen Polarlichtern nur mehr am Rande wahr – so wie unsereins Blitze während eines Gewitters. Interessanterweise geht es vielen Isländern mit ebendiesem Wetterphänomen, den Blitzen, so wie mir mit Nordlichtern. Das liegt wahrscheinlich daran, dass diese in Island nicht vorkommen. Egal, zurück zu den Nordlichtern – die ja nur auf der Nordhalbkugel so heißen. Das Equivalent auf der Südhalbkugel heißt – schwer – zu erraten: Südlicht.

Polarlicht – Aurora borealis

In Wahrheit nennt sich das Phänomen Aurora borealis und ist eine Leuchterscheinung, die durch angeregte Stickstoff- und Sauerstoffatome der Hochatmosphäre, die in Polargebieten beim Auftreffen beschleunigter, geladener Teilchen aus der Erdmagnetosphäre auf die Atmosphäre hervorgerufen wird. Polarlichter sind meistens in zwei, etwa 3 bis 6 Breitengrade umfassenden, Bändern in der Nähe der Magnetpole zu sehen. Das Farbspektrum der Lichter reicht von Grün, über Rot, bis hin zu Violett und Blau, wobei grüne Nordlichter am häufigsten zu beobachten sind. Soviel zur wissenschaftlichen Erklärung der Erscheinung. Viel schöner ist allerdings die emotionale Komponente der blassgrünen Lichter am Nachthimmel. Als ich mit meiner Frau vor Jahren das erste Mal nach Island geflogen bin, um Nordlichter zu erleben, waren wir so voller Erwartung, dass wir in der ersten Nacht jedes Leuchten als mögliche Polarlichter durchgehen ließen. Letztlich entpuppten sich diese Lichtspiele allerdings als Reflexionen der Beleuchtung von Ortschaften in der Ferne.

Polarlicht_Huette

Unsere „Polarlicht-Hütte“ in Island

Ein unbeschreibliches Naturschauspiel

Es sollten zwei Nächte vergehen, bis wir schließlich in der dritten Nacht Zeugen eines unbeschreiblichen Naturschauspieles werden durften. Aus dem Nichts begann ein dünnes blassgrünes Band im Himmel über uns zu leuchten. Ganz zart zuerst, kaum wahrnehmbar. Mit der Zeit wurde das Grün intensiver, es schwoll an und nahm an Intensität zu. Dabei veränderte es seine Form. Es wurde an einigen Stellen breiter und begann sich zu bewegen. Ja, es begann in der Tat zu tanzen: horizontal und vertikal wanderte es durch den Himmel, komplett geräuschlos. Plötzlich entstand ein weiteres Band und dann noch eines, wobei das erste Band allmählich verblasste. In Summe standen wir über drei Stunden in der klirrend kalten Winternacht und gaben uns dem Zauber dieses unwirklichen Himmelsspektakels hin, bevor sich die Lichter für diese Nacht so plötzlich verabschiedeten, wie sie gekommen sind. Völlig durchgefroren, aber auch überglücklich zogen wir uns in unser kleines Holzhäuschen an einem See im Nordosten Islands zurück und freuten uns schon auf die kommende Nacht. Seither sind viele Jahre vergangen und wir kommen immer wieder nach Island, um Polarlichter zu sehen. Wie gesagt, ich wurde süchtig nach mehr …